Mittwoch, 19. März 2014

Gelesen: "Saga - Eins" von Brian K. Vaughan

Ich möchte euch mal wieder ein Werk vorstellen, das ich für ziemlich bemerkenswert halte. Diesmal handelt es sich um einen Comic, genauer den Auftaktband von "Saga" von Brian K. Vaughan und Fiona Staples. Ich habe ihn schon vor einer Weile gelesen, aber jüngst mal wieder in der Hand gehabt.

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Saga – Eins

Ein fantastisches Universum, ein unsinniger, Welten umspannender Krieg und zwei junge Leute, die bloß Frieden für sich und ihre gemeinsame Tochter finden wollen – das sind die Zutaten, aus denen Brian K. Vaughan und Fiona Staples die Geschichte ihrer neuen, bereits mehrfach preisgekrönten Comic-Reihe mit dem passenden Titel „Saga“ kreieren. Mythos meets Science Fiction. Eine Mischung, die schon vom Cover an neugierig macht.

Man fühlt sich ein wenig, als wären die Figuren der antiken Mythologie ins 3. Jahrtausend versetzt worden. Oder als befände man sich buchstäblich „vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“. Geflügelte Soldaten kämpfen gegen widderhörnige Krieger. Ein magisch begabte Einhornfrau und eine spinnenartige Jägerin treiben ihr Unwesen, eine altägyptisch anmutende Lügekatze ist die Begleiterin eines einsamen Söldners. Doch das fantastische Universum von Autor Brian K. Vaughan („Ex Machina“) und Zeichnerin Fiona Staples („North 40“) legt sich insgesamt keinerlei Beschränkungen auf. So wird es neben mythisch inspirierten Geschöpfen auch von rebellischen, jugendlichen Geistern, die an die „Lost Kids“ aus „Peter Pan“ erinnern, und monitorköpfigen, aber ansonsten sehr menschlichen Robotern, die aus ihrem Körper Waffen ausbilden können wie der T-1000, bevölkert. Es ist ein Mythen-Mix aus uralten Geschichten, moderner Popkultur und ganz Eigenem, der „Saga“ so reichhaltig macht.

Die Handlung atmet das klassische „Romeo-und-Julia“-Thema. Zwei Welten, der riesige Planet Landfall und sein kleiner Mond Ranke, kämpfen seit Urzeiten und ohne dass jemand noch weiß, warum eigentlich, gegeneinander. Um die eigene Heimat vor der Auslöschung zu bewahren, wurde der Krieg mittlerweile ausgelagert und hat die halbe Galaxis erfasst. Zahllose Welten kämpfen nun für den Planeten oder den Mond. Die beiden Protagonisten Alana und Marko – sie von Landfall, er von Ranke – haben keine Lust mehr zum gegenseitigen Töten. Er ist im Herzen Pazifist, sie zumindest kriegsmüde. Also haben sich beide davongestohlen und obendrein ineinander verliebt.

Der Roman beginnt mit der Frucht dieser Liebe, der Geburt der kleinen Tochter der beiden, eigentlich ein Unding, aber zugleich das Symbol einer Hoffnung auf Versöhnung zwischen den Völkern. Natürlich ist keine der feindlichen Gruppen auf Versöhnung aus, weswegen die Fahnenflüchtigen von beiden Seiten über den Planeten Kluft gejagt werden, auf dem sie sich versteckt halten. In einer abenteuerlichen Reise versuchen sie nicht nur, ihren Häschern zu entgehen, sondern auch – einer sehr obskuren Karte eines ebenso obskuren Affenmanns folgend – eine Möglichkeit zu finden, von dieser Welt zu verschwinden, damit Alana ihrer Tochter „das Universum“ zeigen kann.

Die Story im Kern mag sehr klassisch anmuten, doch in den Details wird sie zu etwas Besonderem. Die selbstbewusste Alana und der sanftmütige Marko, der – das deutet sich an – früher ganz anders war, sind Charaktere mit Herz und Seele, mit denen der Leser gerne unterwegs ist. Die Art, wie sie sich lieben und streiten, erinnert irgendwie an die Ensembles von Joss Whedon, manche Dialoge erzeugen (zweifellos ohne Absicht) sogar ein enormes „Buffy“-Déjà-vu – was nichts Schlechtes ist. Dazu kommt eine Fabulierfreude, die ständig neue, eigenwillige Schauplätze, Geschöpfe oder Entwicklungen präsentiert. Interessante Nebenfiguren, wie ein Freilanzer (sic!) namens Der Wille und ein Roboterprinz namens IV, ein wenig wohl dosierte Anwendung von Sex und Gewalt sowie eine merklich cineastische Erzählweise (ich frage mich, wie viele Comic-Autoren eigentlich schon beim Entwickeln ihrer Geschichten nach Hollywood schielen) sorgen dafür, dass man von der ersten bis zur letzten Seite regelrecht durch den Comic-Band fliegt.

Fiona Staples’ Bilder weisen einen etwas groben, ruppigen Strich auf, die sich erst in der Kolorierung vollends entfalten. Die Figuren und ihre Gefühle sind stets sehr gut getroffen, das Farbenspiel der digital erzeugten Hintergründe reicht von blassen, nur schwach konturierten Ambientetönen bis zu prächtigen Feuerhöhlen und psychedelischen Bordellplaneten. Es handelt sich um einen interessanten, durchaus eigenen Stil aus harten Linien und weichem Farbeinsatz, aber visuell spektakulär würde ich „Saga“ nicht nennen. Dazu fehlt es zu sehr an Details in den meisten Bildern. Was dem Genuss an sich jedoch keinen Abbruch tut. Tatsächlich passen Geschichte und Bilder sehr gut zusammen. Und am Ende wünscht man sich sofort den zweiten Band herbei.

Der Comic kommt – für Cross Cult so typisch – im schönen Hardcover daher, und neben der Geschichte findet sich noch ein kleines Interview mit Fiona Staples als Bonusmaterial am Schluss.

Fazit: „Saga“ ist ein Füllhorn an schrägen Figuren, ungewöhnlichen Settings und fantasievollen Storydetails. Fans klassischer Fantasy werden zwar ebenso wenig damit bedient, wie beinharte Science-Fiction-Afficionados, aber wer bereit ist, sich auf einen hemmungslosen Mythen-Mix, auf die Verschmelzung von Gestalten der Legende mit modernster Technik und von klassischen Erzählmotiven mit whedonesken TV-Serien-Wendungen einzulassen, der wird etwas Neues und Ungewöhnliches entdecken, zu dem man Autor und Zeichnerin nur gratulieren kann.

Saga – Eins
Comic
Brian K. Vaughan, Fiona Staples
Cross Cult 2013
ISBN: 978-3864251870
160 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 22,00

Sonntag, 16. März 2014

Das war Leipzig .... 2014

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich, aber ich war tatsächlich auch 2014 auf der Buchmesse Leipzig - allerdings diesmal aus Zeit- und Budgetgründen nur über die zwei Wochenendtage, was, wie ich festgestellt habe, tatsächlich auch reicht, wenn man sich seine Termine eng genug taktet.

Wie war Leipzig dieses Jahr? Werfen wir einen Blick auf die obligatorische Checkliste:

- Bei "Perry Rhodan" Signierstunde abhalten = CHECK
- Auf der Leseinsel einer Fantasy-Lesung lauschen = CHECK
- Bei WerkZeugs Kuchen und Getränke genießen = CHECK
- Kai Meyer und Markus Heitz die Hand schütteln = CHECK
- Agenturabend in feucht-fröhlicher Rund beiwohnen = CHECK
- Mit den Egmont-Damen wilde Projektpläne schmieden = CHECK
- Zu teuer mieses Messe-Essen verzehren = CHECK
- Zu wenig schlafen = CHECK

Gab es auch neue Eindrücke? Ein paar, natürlich.

- Ich habe den monumentalen neuen Leipziger S-Bahnhof kennengelernt.
- Ich habe mit Angelina Jolie geplaudert - na schön, ihrer deutschen Stimme (aber wenn man die Augen schließt, merkt man den Unterschied gar nicht ;-) ).
- Ich habe erfahren, dass Terrassenfliesen einen prima Steinsarg abgeben - zumindest akustisch.
- Ich habe festgestellt, dass Schinken in Leipzig Salami genannt wird - und umgekehrt.
- Ich habe das letzte Exemplar der schnellsten Nahverkehrsbahn der Welt gesehen, die 1935 mit 160 Sachen über deutsche Schienen brauste.

Ansonsten bedaure ich, dass ich mehrere Kollegen, die bereits am Freitag ihren letzten Messetag hatten, dieses Jahr verpassen musste. Auf der Habenseite ist dagegen zu verbuchen, dass die Maßnahme der Messeleitung, die Manga-Anhänger in Halle 1 auszulagern, erstaunliche Wirkung zeigte: Am Sonntag konnte man beinahe gemütlich durch Halle 2 schlendern. Trotzdem kam es mir jetzt nicht übermäßig leer vor. Die Lesungen auf der Leseinsel jedenfalls schienen genauso gut besucht, wie im Jahr zuvor.

Unterm Strich war es einmal mehr eine schöne Exkursion in den Osten, bei der Geselligkeit deutlich vor Geschäft kam - aber auch das muss ja ab und zu sein.